Medizinische Versorgung in Radeln – zwei wichtige Protagonisten

Das Thema medizinische Versorgung ist eines der wichtigsten überhaupt für die Bewohner von Radeln. Die meisten von ihnen haben kein Auto, und vor allem für Kinder und ältere Menschen war es bisher schwierig, den nächsten Arzt zu erreichen. Seit 2011 gibt es nun eine allgemeinärztliche Praxis, in der einmal die Woche Sprechstunde für die Dorfbevölkerung von Radeln ist. Zwei Menschen sind hierbei entscheidend, und wir haben sie heute zu ihrer wichtigen Mission befragt:

Marc Hayard von der Martine & Bertram Pohl Foundation

Herr Hayard, die Martine & Bertram Pohl Foundation unterstützt seit Jahren die Peter Maffay Stiftung in Radeln. Wie kam es dazu?

 Der erste Kontakt zur Peter Maffay Stiftung war eigentlich in Spanien 2009 mit der Besichtigung von Ca’n Lompart, der therapeutischen Finca. Während dieses Besuchs erzählte mit Peter Maffay von seinem neuen Projekt in Radeln. Es waren die Energie, der Schwung und die Kraft der vorgestellten Ideen zum Projekt Radeln, die mich neugierig darauf machten, relativ schnell mit Peter Maffay Radeln zu besichtigen. Der gemeinsame Besuch dort war im Spätsommer 2009. Peter Maffay war es ein besonderes Anliegen, sich ebenfalls für die Dorfbevölkerung zu engagieren – wobei ihm zwei Themen sehr wichtig waren: eine bessere medizinische Grundversorgung und eine Verbesserung der hygienischen Versorgung. Für unsere Stiftung war somit der Grundstein gelegt, sich mit einer längeren Kooperation in Radeln mit zu engagieren.

Die Projekte, für die Sie sich besonders engagieren, sind das Kinderferienhaus und die Arztpraxis. Warum gerade diese beiden?

 Eine ganz einfache Erklärung: Ein weiteres Kinderferienhaus der Peter Maffay Stiftung, „offen“ für alle traumatisierten Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Nationalität, Kultur, Religion oder ethnischen Herkunft an einem besonderem Ort und in einer Gegend, zu der die Luxemburger selbst einen geschichtlichen Bezug haben. Dieses Kinderferienheim ist eine hervorragende Möglichkeit, die Dorfkinder und Jugendlichen aus Radeln in Kontakt zu bringen mit Kindern und Jugendlichen aus anderen Ländern und Kulturen, damit sie ihre Ideen und Erfahrungen untereinander austauschen können. Für unsere Stiftung war dies eine besondere Grundlage, sich gemeinsam mit der Peter Maffay Stiftung hier zu engagieren.

Es war und ist weiterhin für unsere Stiftung wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen aus Radeln medizinisch gut versorgt sind. Dies schließt automatisch auch die ganze Dorfbevölkerung von Radeln mit ein. Medizin und Hygiene sind eigentlich untrennbar miteinander verbunden. Somit war mir bereits beim ersten Besuch klar, dass unsere Stiftung sich hier engagieren würde. Beide Stiftungen haben hier viel erreicht bis heute. Die Akzeptanz im Dorf ist sehr hoch. Man lässt sich von der Ärztin nicht nur medizinisch versorgen und betreuen, sondern man holt sich Ratschläge. Diesen besonderen, bereits 2009 von Peter Maffay geäußerten Wunsch, der lokalen Bevölkerung den Zugang zu medizinischer Versorgung zu gewährleisten, haben wir inzwischen gemeinsam sehr gut umgesetzt. Dies wird auch in Zukunft so weitergehen.

Die Entstehung und Umsetzung all dieser Projekte konnte unsere Stiftung von Anfang an mit begleiten. Die erfahrene Transparenz und der permanente Kontakt mit Peter Maffay und seinem Team sind eine wunderbare Grundlage für die jahrelange, vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Sind Sie manchmal selbst in Radeln, um den Fortschritt der Projekte zu verfolgen?

Seit Beginn unserer Unterstützung, also seit 2010, bin ich jedes Jahr regelmäßig in Radeln. Durchaus auch öfters im Jahr. Ich habe die sichtbaren positiven Veränderungen in Radeln bis zum heutigen Tage mitverfolgt. Der Weg, um diese vielen Veränderungen zu ermöglichen, war sicherlich nicht immer einfach, teilweise holprig, aber immer sehr zielstrebig. Radeln steht als ein Ort für Menschen verschiedener Kulturen, und die Peter Maffay Stiftung hat sich erheblich engagiert, damit die dortige Bevölkerung heute über eine bessere Lebensqualität verfügt und die Kinder eine bessere Perspektive haben. Entscheidend hierfür waren auch zusätzliche Projekte wie die Finanzierung der Hauswasseranschlüsse, die Einführung des Tabaluga Kinderclubs für die Dorfkinder unter Begleitung einer Sozialpädagogin, Ausflüge und Ferienaufenthalte für die Dorfkinder. Projekte, die unsere Stiftung immer wieder begleitet. Wir freuen uns auf weitere Projekte für Radeln!

Marc Hayard (links, GF Martine & Bertram Pohl Foundation) und Roland Geimer (Ass. d. GF)
Dr. Roxana Ganciu, Ärztin in Radeln

Frau Dr. Roxana Ganciu, Ärztin in Radeln

Frau Dr. Ganciu, Sie praktizieren nun schon seit drei Jahren in Radeln – was mögen Sie an Ihrer Arbeit am liebsten?

Ich würde sagen, das Beste an meiner Arbeit ist die Beziehung, die ich in dieser Zeit zu meinen Patienten und den Dorfbewohnern aufbauen konnte. Es ist ein sehr schönes und befriedigendes Gefühl, wenn man dazu beitragen kann, das Leben von armen Menschen und vor allem von Kindern zu verbessern. Ein Dorfarzt ist nicht nur Anlaufstelle für medizinische Versorgung, sondern auch ein Vertrauter und Freund für Leute, die manchmal in der Isolation leben und denen es schwerfällt, ganz alltägliche Herausforderungen zu meistern.

Wie bekommen Sie Ihre beiden Praxen unter einen Hut?

Zwei Praxen zu haben – eine in Radeln und eine in Keisd – und dabei noch in Deutsch-Kreuz zu wohnen, das bringt auch Vorteile mit sich. Viele Dorfbewohner haben Verwandte im jeweils anderen Ort. So erfahre ich etwas über sie und ihre Familien, was mir dabei hilft, sie kennenzulernen und umfassend versorgen zu können.

Mit welchen Krankheiten oder Beschwerden haben Sie es in Radeln am häufigsten zu tun?

Ganz typisch sind Krankheiten, die aufgrund von ärmlichen Verhältnissen entstehen – sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen und älteren Menschen: Infektionen wegen schlechter Hygiene oder Ernährung, ansteckende Krankheiten durch zu viele Menschen auf engem Raum, Depressionen und Herzprobleme wegen finanzieller Sorgen. Natürlich gibt es auch Probleme, die auf Alkohol und Zigaretten zurückzuführen sind. Ein Mangel an bezahlbarer Verhütung führt dazu, dass Teenager schwanger werden und Familien mit ohnehin geringem Einkommen noch mehr Personen versorgen müssen, als sie sich eigentlich leisten können. Solche und ähnliche Probleme gibt es in sehr vielen armen Gemeinden Rumäniens, Radeln ist da keine Ausnahme. Eine Maßnahme, die wir ergreifen, ist beispielsweise die, dass wir sehr junge, aber auch reifere Frauen mit der Pille versorgen, damit sie bewusst entscheiden können, ob und wann sie schwanger werden möchten.

Haben Sie selbst Kinder?

 Ja, zwei Jungs, auf die ich sehr stolz bin. Sie sind acht und zehn Jahre alt und besuchen beide die Josef-Haltrich-Schule in Schäßburg.