Aktiv-Aufenthalt in Rumänien

„Ich bin noch nie geflogen, und in Rumänien war ich auch noch nicht…!“, sagte die Jugendliche, und alle genossen die Aufregung auf dem Flugplatz in Hamburg. Acht Jugendliche und drei Erzieher aus dem Kinderhaus zur Mühle in Achtrup, Nordfriesland, machten sich auf den Weg nach Rumänien in die Heimat von Peter Maffay, und folgten damit der Einladung der Peter Maffay Stiftung in das therapeutische Ferienhaus nach Radeln in Siebenbürgen.

Mit Spannung erreichten wir Rumänien, das Land, in dem Peter Maffay geboren wurde und die ersten Jahre seines Lebens verbrachte. Von Radeln, dem Dorf, in dem das Stiftungshaus steht, hatten wir nur Fotos gesehen. Wir wussten nicht, was uns die nächsten 10 Tage erwarten würde…

Die erste Überraschung waren die 38,5°C im Bus und die durchschnittlichen 32° C während des Aufenthalts, die einen ziemlich großen Kontrast zum 16° C kaltem Nordfriesland darstellten.

Angekommen in Radeln spürte man, dass wir fernab von Mac Donalds, Handy & Co ein Dorf erleben würden, wie man es in unseren“ heilen Welt“ gar nicht mehr kennt. Von nun an war klar, dass die Jugendlichen keinen Disneyurlaub erleben würden, sondern sich mit ganz anderen kulturellen Erfahrungen auseinandersetzen müssen. Und das ist gut!

Auf alles vorbereitet, erlebten wir im Verlauf des Aufenthaltes z.B. Zigeuner mit ihrer Neugier und Lebenseinstellung im Kontrast mit ehemaligen Siebenbürgern in einem renovierungsbedürftigen Dorf. Jetzt verstanden wir einmal mehr, was genau hinter der Idee mit der Stiftung steht, warum das Dorf Radeln an den Maßnahmen beteiligt wird und warum es sich lohnt, die tolle Kirchenburg und andere Bauten zu renovieren. Begrüßt von dem Leitungsehepaar Karin und Micheal Morth wurden wir in hiesigen Begebenheiten und dem tollen Tabalugahaus eingewiesen. Zuerst reichte man uns eine traditionelle kulinarische Explosion an Speck, Zwiebeln und anderen leckeren Dingen, die man hier zu Lande isst. Die Jugendlichen hatten nun die Chance, den Kontrast zwischen Pizza Hawaii und Schafskäse zu testen, und: Sie aßen es, teilweise mit Genuss! Das Wandern, `mal eben um die Ecke auf den Hügel spazieren, oder kurz ins Dorf laufen, viel uns schwer, denn es wimmelte von streunenden Hunden und Bären im Wald. Die Begegnung mit den einheimischen Zigeunern war auch eine Erfahrung. Hin und wieder brannte sogar ein Stall im Dorf und wir erlebten helle Aufregung, wenn die Dorfkneipe um 23:00 Uhr schließen wollte und die Dorfjugend nicht gleich den Weg nach Hause fand. Traurig war auch der Anblick der angefeuerten alten Eichen, die absichtlich angezündet werden, um sie später legal zu fällen. Mit der Wasserversorgung und der Müllentsorgung hat man dieser Orts auch großen Bedarf. Nun, es ist halt nicht so, wie bei uns zu Hause.

Dieser Kontrast war eine wertvolle Erfahrung für unsere Jugendlichen, die nun das Land mit seiner Entwicklung von einer anderen Seite sahen. Von der Sonne verwöhnt nutzten wir die Chance einen Tagesausflug in das bekannte Bärenreservat „Libearty“ zu machen. Hier erfuhren wir, wie auf“ tierische Weise“ verwahrlosten Tanzbären durch eine „Heimunterbringung“, erfolgreich ein neues Zuhause finden. Anschließend besuchten wir das Burgdorf Rasnov und Brașov, die Heimatstadt von Peter Maffay. Ein gecharterter Bus und ein noch netterer Taxifahrer sorgten für einen stressfreien Tag in einer Gluthitze.

Im Stiftungshaus widmeten wir uns auch einigen häuslichen Freizeitaktivitäten, die wir unter Anleitung von Karin und Michael durchführen konnten. Wir malten ein Plumpsklo an, bastelten mit Steinen und Farben, halfen beim Einbau von Fenstern im Schuppen und erweckten den alten Steinofen zum Leben. Es entstand die wohl ersten Pizza, die in diesem Backhaus gefertigt wurde. Der Bau einer Lagerfeuerstelle auf dem Pfarrhof mit einheimischen Arbeitern war interessant und gleichzeitig eine wunderbare Erfahrung. Hier wurde trotz weniger Sprachkenntnisse barrierefrei kommuniziert. Mit Stockbrot und Gitarre wurden fortan zufriedene Abendstunden am Lagerfeuer verbracht.

Da man auch auf kulinarischem Wege sehr gut Kulturen kennenlernen kann, folgten wir der Empfehlung von Karin und ließen uns neben einem Kartoffelbrotlaib auch einen traditionellen Apfelkuchen zum Geburtstag eines unserer Jugendlichen von einer Einheimischen backen. Gekrönt wurde der Tag mit einer Ausfahrt eines alten Feuerwehrautos auf den Haushügel neben dem Dorf. Gesteuert wurde das Fahrzeug vom „Stiftungstischler“, einem netten und erfahrendem Mitarbeiter der Stiftung. Einige unsere Jugendlichen durfte dem Tischler sogar bei seiner Arbeit helfen, was die Nähe zum Dorf und anderen Einwohnern förderte.

Ganz dicht an Land und Kultur waren wir auf einen Tagesausflug nach „Deutsch Weisskirch“, einem kleinen Dorf in unmittelbarer Nähe, in dem noch einige Siebenbürger leben. Wir fuhren auf Pferdekarren durch die hügelige Landschaft und besuchten ein Köhlerei, eine kleine Ziegelei und eine sehr intakte Kirchenburg mit Museum. Anschließend lud man uns zum traditionellen Essen ein. Der erste Gang auf ein Plumpsklo war nicht abzuwenden, die Gastfreundschaft auch nicht. Hier erfuhren wir viel über die Siebenbürger und ihr Leben in Transsilvanien.

An einem weiteren Tag lernten wir Michael kennen, einen ehemaligen Siebenbürger, der seine Heimat zurückerobert hat und nun als Bauingenieur für Be- und Entwässerung auch der Fundaţia zuarbeitet. Auch er hatte sich nach Absprache angeboten, unsere Jugendlichen mit in seine Arbeit zu integrieren. Aus purer Gastfreundschaft wurden wir später zu ihm nach Hause in die Stadt Schäßburg eingeladen. Zuerst genossen wir einen traditionellen Pflaumenkuchen in der Altstadt und wurden von seiner Frau zu einer Führung eingeladen, bevor wir den Abend gemütlich auf seinem Hof ausklingen ließen. Ein tolles Erlebnis für alle.

Den letzten Abend auf dem Pfarrhof genossen wir bei einem Kesselgulasch von Michael mit Gitarre und Gesang am Lagerfeuer.

Alle waren mit der Freizeit sehr zufrieden. Wir sind sehr dankbar, dass sich Karin und Michael während der Freizeit mit uns so viel Mühe gegeben haben und begeistert, mit welchem Engagement sie sich für die Umsetzung der Stiftung einsetzen. Das Konzept Radeln war für uns eine Bereicherung an Erfahrungen mit einem anderem Land und dessen Kultur. Außerdem haben wir viel gutes Wetter und viel Freizeit genießen dürfen. Die Menschen sind sehr gastfreundschaftlich und nett. Auch pädagogisch konnten wir mit unserer Gruppe des Kinderhauses viel umsetzen, wobei die Erlebnisse immer im Vordergrund standen. Sie werden allen in Erinnerung bleiben vor allem denjenigen, die wohl nicht sooft die Gelegenheit haben, solche Freizeiten zu erleben. Die Jugendliche kann jetzt jedem erzählen: „ Ich bin schon `mal geflogen, nach Rumänien, das war ein Erlebnis…!“

Vielen Dank am Karin und Michael Morth, an den Tischler, Michael Schuster und den Busfahrer!
Die Kinder und Erzieher vom Kinderhaus zur Mühle